Eine Familie mit 3 Kindern - ein Kinderspiel.

Kategorie: Leben mit Herrn Wilms Seite 2 von 5

Abschiedsbrief an den Häuptling

Lieber Häuptling,

vor 20 Jahren haben wir mit dem Indianerstamm unseren Abschied von der Schule gefeiert. Vor ein paar Wochen hatten wir das Nachtreffen unseres Abi-Jahrgangs und ich erfuhr hinterher, dass Sie nicht dabei sein konnten, da auch sie gerade dabei sind, sich gegen einen dieser verdammten Krieger zu wehren. Unser Krieger heißt Herr Wilms, wie Sie Ihren genannt haben, weiß ich nicht. Wir stecken noch mitten drin, doch Sie haben ihren Kampf gestern verloren.

Lieber Häuptling, auch wenn ich persönlich nicht mehr die Möglichkeit dazu habe, möchte ich mich bei Ihnen bedanken.
Viele Lehrer sind prägend für das weitere Leben ihrer Schüler. So auch Sie. In der neunten Klasse wurden Sie unser Mathelehrer. Mit Mathelehrern hatte ich wohl immer Glück. Nie bekam ich das Gefühl vermittelt, dass Mädchen zu dumm für Mathe sind. Ich hatte immer meine Freude daran, auch wenn ich vielleicht nicht die beste Schülerin war. Den Mathe-Leistungskurs habe ich damals nur gewählt, weil Sie der LK-Lehrer waren. Weil ich wusste, wenn Sie etwas erklären, verstehe ich das.
In der Oberstufe wurden Sie unser Jahrgangsstufenleiter. Da Sie noch recht jung waren, waren wir Ihr erster Abi-Jahrgang. Ich finde, Sie haben das damals toll gemeistert. Es herrschte ein tolles Klima in der Jahrgangsstufe. Das merkt man auch jetzt noch.
Als ich heute Morgen die Nachricht über Ihren verlorenen Kampf in unserer Abi-Gruppe las, war ich tief betroffen. Immer wieder kommen neue Kommentare dazu. Wir denken an Sie.
Es gibt so viele Erinnerungen an die Schulzeit. Erinnerungen, die ich natürlich auch mit Ihnen in Verbindung bringe.
Zum Beispiel daran, wie wir Sie in der Nacht zu Ihrem Geburtstag besucht haben und Sie mit einem Ständchen überrascht haben. Wir wurden herein gebeten und es gab eine spontane kleine Sit-in-Party.
Diverse Stufen- oder Kursfahrten, bei denen Sie natürlich als Aufsichtsperson dabei waren, aber doch auch immer mit gefeiert haben.
Auf dem Abiball haben Sie morgens mit uns auf den Tischen getanzt.
Vielen Dank, dass Sie dazu beigetragen haben, unsere Schulzeit mit so schönen Erinnerungen zu füllen.

Ich habe gehört, dass Sie nach unserer Schulzeit geheiratet haben und Kinder bekommen haben. Meine Gedanken sind bei Ihren Kindern und bei Ihrer Frau. Ich möchte ihnen einen Teil meiner Kraft schicken, die ich hier von so vielen lieben Menschen in meiner Umgebung täglich bekomme.

Lieber Häuptling, danke für’s da gewesen sein! Sie haben geholfen, viele Menschen zu dem zu machen, was sie jetzt sind!

Hundesehnsucht

Das Fieber bleibt dank der intravenösen Antibiotikagabe unten! Dem Maimädchen geht es den Umständen entsprechend gut.

Heute wurde nochmal eine Sonographie gemacht, um sicherzustellen, dass der Abfluss des Harns aus der Niere in die Blase gewährleistet ist und es nicht zu einem Rückstau kommt. Alles ok.

Der Oberarzt sagte in der Visite, dass er in der Urologie anfragt, ob die Zystoskopie zur Entfernung der Doppel-J-Schienen vorverlegt werden kann. Der offizielle Termin ist der 18. 7. Die Kinderurologin ist noch im Urlaub, daher ist eine Vorverlegung eher unwahrscheinlich.

Dann hieß es heute Nachmittag, dass der Hb-Wert etwas niedrig sei. Eventuell gibt es nochmal Blut. Das zeigen die nächsten Tage.

Das Maimädchen ist knartschig. Sie vermisst ihre Schwester und unseren Hund. Die Schwester kommt morgen Nachmittag mit. Der Hund wird wohl eher schwierig…

 

Wochenende in Bildern 08. / 09. Juli – Und zurück ins Krankenhaus

Am Samstag stellten wir uns keinen Wecker. Die Woche war so anstrengend. Irgendwann würden die Kinder uns schon wecken. Das war auch so. Ich hatte vergessen, die Waffeln, die ich am Vorabend noch genascht hatte, wegzuräumen und so saß das Maimädchen irgendwann mümmelnd mitten in unserem Bett.

Die Große war heute auf einen Kindergeburtstag am Strand eingeladen und sollte um viertel nach zehn in Kiel am Hauptbahnhof sein, um mit der Fähre zu fahren. Was für ein schöner Tag für sie!

Wir entschieden uns dazu, dass der Papa sie bringt und auf einem Weg den Bulli in die Werkstatt fährt, denn der hatte Freitag bei der Fahrt in die Apotheke irgendwie Mucken gemacht.

So blieb ich dann mit den beiden Kleinen hier allein. Das stellte sich leider als nicht ganz so günstig heraus, denn das Maimädchen hatte noch ziemlichen Papa-Bedarf. Kein Anziehen, kein Zähneputzen, kein Spazierengehen… alles doof! Irgendwann wurde das Vollmondbaby so müde und knöterig, dass ich es mir auf den Rücken packte, damit es schlafen konnte. Auch das war nicht ok, denn nun konnte sie ihren Bruder nicht mehr richtig sehen. Das alles gipfelte dann darin, dass sie im Schlafanzug im Flur saß, nach Papa schrie und sich mit Händen und Füßen wehrte, wenn ich ihr näher kam. Ich verzweifelte. Es ist so ein furchtbares Gefühl, diesem kleinen, bebenden Wesen nicht helfen zu können. Nach einer knappen Stunde voller weinen und Geschrei stand sie auf und legte sich in ihr Bett. Keine fünf Minuten später war sie eingeschlafen. Ich schnappte mir das Telefon um meinen Kummer bei einer der Herzensfreundinnen los zu werden.

Es tut so gut, zu reden! Irgendwann wachten Vollmondbaby und Maimädchen wieder auf und wir waren alle wieder etwas besser drauf.

Als der Papa dann nach Hause kam, merkten wir, dass die Temperatur beim Maimädchen wieder anstieg. Wir näherten uns den 38°. Eigentlich wollte ich mit dem Maimädchen zusammen die Große Schwester abholen und mit den beiden noch schnell einkaufen. Das Maimädchen hat auch ihre Schwester schmerzlich vermisst und wollte nun unbedingt mit, um sie vom Bahnhof abzuholen. Wir entschieden uns, getrennt zu fahren, ich mit Baby zum Einkaufen, der Papa mit Maimädchen zum Bahnhof, um ihr nicht noch mehr zuzumuten. Wiedersehensfreude bei den Schwestern, die Große hatte viel zu erzählen.

Nach einem schnellen Abendessen ging es dann auch schon ins Bett. Das Maimädchen war müde, die Temperatur überschritt langsam die 38°-Marke. Wir hofften so sehr, dass die Temperatur durch den Schlaf wieder runter geht und wir nicht bei 38,5 in der Klinik anrufen müssen.

Gegen neun ging der Papa mit dem Hund, um dann selbst ins Bett zu gehen. Ich saß noch am Computer und hörte die Kinderzimmertür aufgehen. Taps, Taps, Taps, stand sie vor mir. Wir gingen zurück in ihr Bett und ich zückte nochmal das Thermometer: 38,6°. Ich legte mich zu ihr und wartete darauf, dass Mann und Hund zurückkommen. Wir hofften irgendwie darauf, dass wir wenigstens die Nacht noch hier verbringen durften. Die Schwester auf der Station erklärte uns, dass die diensthabende Ärztin uns zurückrufen werde, sobald sie Zeit hätte. Ich schlief irgendwann vor lauter Erschöpfung der letzten Woche neben dem Maimädchen ein. Irgendwann kam mein Mann mit dem Vollmandbaby auf dem Arm rein. Ich wechselte das Bett, um das Baby zu stillen und schlief wieder ein. Kurze Zeit später tapste das Maimädchen wieder zu mir. Ich schlief mit beiden Kindern im Arm wieder ein und hörte das Telefon nur weit weg klingeln. Sie wollten das Maimädchen wieder auf der Station haben, um ihr erneut ein Antibiotikum i.v. geben zu können. Ich registrierte das schon fast gar nicht mehr, so geschafft war ich von allem. Mein Mann packte routiniert die Tasche für die beiden, rief den Mann der Herzensfreundin an und bat darum, in die Klinik gefahren zu werden. Ich war dazu nicht mehr im Stande und hätte die Große ja auch schlecht mitten in der Nacht allein lassen können.

Um elf in der Nacht war ich wieder allein mit zwei Kindern zu Hause.

Das hätten wir uns so wohl niemals vorgestellt an dem Abend, heute vor 22 Jahren, auf der Geburtstagsparty einer Freundin…

Der Sonntag startet mal wieder ohne unser Eier-und-Brötchen-Frühstück und ich kämpfe mich durch die Wäscheberge der letzten Woche, während Waschmaschine und Wäschetrockner kontinuierlich Nachschub produzieren.

Zum Mittagsschlaf geht es mit Hund und Kindern nach draußen, damit wir drinnen die Bahn frei haben, um noch ein paar Sachen für’s Krankenhaus zu packen. Der Plan funktioniert, das Baby schläft.

Im Krankenhaus angekommen, dürfen wir heute ins Hase-im Tigerentenshirt-Zimmer.

Die Antibiose wirkt, das Fieber ist gesunken, wir dürfen raus! Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Auf geht es ans Wasser. Seehunde bestaunen, Pommes und Eis essen.

Als wir nach Hause wollen bekommt das Maimädchen nochmal einen großen Anflug Heimweh. Sie möchte nicht im Krankenhaus bleiben und verkriecht sich in meinen Armen. Mit ein paar kleinen Tricks einer wunderbaren Schwester auf der Station schaffen wir den Abschied dann doch ohne Tränen.

Am Abend tanke ich nochmal ein wenig Kraft in der Abendsonne.

Mal schauen, was die Ärzte morgen bei der Visite erzählen. Vielleicht wird der Termin zur Entfernung der Doppel-J-Schienen ja doch noch nach vorne verlegt, denn mittlerweile gehen alle davon aus, dass es damit zu tun hat.

Ach ja, mehr Wochenenden mit mehr Bildern gibt es hier.

 

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Entlassung mit Hindernissen – Bericht einer kleinen Odyssee

Nachdem der Tag gestern auch fieberlos verlief bekamen wir heute Vormittag das OK für die Heimfahrt.

Um das Fieber nicht wieder aufkommen zu lassen und als notwendige Infektionsprophylaxe für die Doppel-J-Schienen (das sind Katheter, die während der OP von der Niere zur Blase gelegt wurden) muss weiterhin ein Antibiotikum genommen werden, mit dem wir heute Abend beginnen sollten. Da das Maimädchen ja mittlerweile schon so einiges an Wirkstoffen bekommen hat, die teilweise nicht gewirkt haben, ist man zu einem Wirkstoff gewechselt, der nicht so häufig eingesetzt wird und der nur als Tablette verfügbar ist. Nun ist eine Tabletteneinnahme bei Kindern häufig nicht ganz unproblematisch. Selbst wenn es von der Größe der Tablette her irgendwie mit der Einnahme klappen würde, gibt es den Wirkstoff oft nicht in der passenden Dosierung, sodass es notwendig ist, eine entsprechend konzentrierte Lösung herzustellen. Das kommt vor, für diese Fälle gibt es die öffentlichen Apotheken. Neben der Abgabe von Fertigarzneimitteln gibt es dort die Möglichkeit, sogenannte Rezepturen (individuell angefertigte Arzneimittel) herzustellen. Das ist Pflicht für jede Apotheke. Ich kenne mich da ein bisschen aus, bin ich doch vom Fach…

Kurz bevor wir unsere Zelte in der Klinik abbrachen, bekamen wir nun das Rezept. Mein Mann rief kurzerhand in der Apotheke an, in der wir vor kurzem diesen Wirkstoff bereits in anderer Konzentration als hergestellte Lösung bekommen hatten. Doch dort sagte man ihm (heute Mittag um eins!), dass es nicht mehr möglich sei, diese Rezeptur noch herzustellen, da zu viel zu tun sei und man es nicht mehr schaffe. Auf den Einwand meines Mannes, dass es sich um eine ziemlich wichtige Sache handele (ich bekam nur am Rande die Worte Chemotherapie, dringend, Fieber) mit, nannte man ihm einen andere Apotheke in Kiel, bei der wir es versuchen sollten. Vielleicht hätten die Zeit. Auch den Hinweis, das nächste Mal doch einen Tag vorher anzurufen und die Rezeptur zu bestellen gab man ihm noch mit auf den Weg. Danke!

Mein Mann entschied sich dazu, unsere „Stammapotheke“ vor Ort anzurufen, die wir über unseren Fall informiert hatten und bei der wir nun bisher unsere Arzneimittel bezogen haben. Es ist einfach gut, wenn ein so spezieller Fall auch in der Apotheke bekannt ist.
Nun wusste ich, dass diese Apotheke die Herstellung einer Lösung mit diesem Wirkstoff bereits einmal abgelehnt hat (aus mir unbekannten Gründen, die Klinik hat mit der Apotheke telefoniert), was bei mir natürlich bereits sehr schlecht ankam. Trotz meiner Einwände wollte er es dort nochmal versuchen. Sie wollten sich auch kümmern und wir ließen ihnen das Rezept per Fax zukommen. Leider bekamen wir dann auch hier eine Absage. Man hätte den Wirkstoff in entsprechender Form nicht da, könne nichts anderes bekommen, blablabla. Ich war tatsächlich ein wenig baff.

Liebe Vor-Ort-Apotheken, wie könnt ihr so etwas bringen? Gibt es denn nicht schon genug negative Schlagzeilen? Wie erkläre ich dem Kunden, dass er nicht beim Versandhandel bestellen soll, wenn ihr bei der kleinsten Herausforderung kapituliert? Arzneimittelverpackungen abgeben ist nicht schwer und eine Rezeptur herstellen auch nicht. Wie war das mit der schnellen Hilfe vor Ort? Wir haben sie jedenfalls nicht bekommen.

Um das Ganze einmal zu verdeutlichen: Es geht hier nicht darum, eine Creme mit zig verschiedenen Inhaltsstoffen oder eine besonders komplizierte Lösung mit diversen Hilfsstoffen herzustellen. Es geht hier darum, ein paar Tabletten in Wasser aufzulösen! Man benötigt dazu die Tablettenpackung (der Wirkstoff wird von verschiedenen Firmen hergestellt) und Lösungsmittel (im einfachsten Fall gereinigtes Wasser)! Unglaublich!

Um uns weitere Telefonate dieser Art zu ersparen habe ich dann einfach in „meiner“ ehemaligen Apotheke angerufen, in der ich vor und teilweise auch während der Elternzeit gearbeitet habe. Dort wurden die Tabletten schnell noch zu heute Nachmittag bestellt und unser Papa durfte dann heute Abend vorbeikommen, um die Lösung abzuholen. 100 Kilometer Fahrt, um an das benötigte Antibiotikum zu kommen! Ich bin ein wenig peinlich berührt von der Vorstellung, die sich meine „Kollegen“ da geleistet haben!

Immerhin hat unser Maimädchen nun heute Abend ihre Medizin bekommen.
Heute Nachmittag ging es ihr gut. Sie hat sich wahnsinnig gefreut, ihre große Schwester und unseren Hund wieder zu sehen.

Ein Antrag für unsere Reha ist in Arbeit, wenn wir Glück haben, geht es im nächsten Jahr für vier Wochen nach Sylt! Es wäre so schön, wenn das klappt!

Außerdem haben wir endlich einen Termin zur Entfernung der Doppel-J-Schienen bekommen. Wir gehen alle davon aus, dass diese nicht ganz unbeteiligt an dem wiederkehrenden Fieber sind.

Also alles in allem gute Nachrichten. So kann das Wochenende kommen!

Aufwärts

Nachdem gestern nochmal das Antibiotikum umgestellt wurde, ist das Fieber bis heute Abend nicht wieder gekommen. Die Urinuntersuchung hat weiter keinen Hinweis auf ein bestimmtes Bakterium gegeben. Stattdessen haben sie einen Pilz gefunden. Aber der wird wohl kaum das Fieber ausgelöst haben und ob der nun wirklich aus der Blase kommt ist auch fraglich. Jedenfalls spricht bei weiterer Abwesenheit von Fieber alles dafür, dass unser Maimädchen am Freitag nach Hause darf!

Den Tag über hat man sie heute auch von der Elektrolytinfusion befreit, sodass wir spazieren gehen konnten. Das ist mit der ganzen Kabelage und den Infusionslösungen ja doch eher unpraktisch. Heute Morgen waren der Papa und das Maimädchen schon im Alten Botanischen Garten unterwegs und haben die Seehunde im Aquarium Geomar bewundert. Als wir dann am Nachmittag zu Besuch kamen, wollte sie ihrer großen Schwester unbedingt die Seehunde zeigen und gab keine Ruhe, bis wir einwilligten, nochmal raus zu gehen. Bei dem schönen Wetter war es einfach schön, sich nochmal den Wind um die Nase wehen zu lassen.

Morgen ist ein Gespräch mit der Sozialpädagogin geplant, in dem es um eine mögliche Reha geht. Ich bin gespannt, was uns erzählt wird.
Am Freitag gibt es nochmal einen Ultraschall zur allgemeinen Verlaufskontrolle.
Zu den Ergebnissen aus Tübingen gibt es noch nichts Neues. Wie war das mit der Geduld nochmal?

Fieber

Ruhig war es hier auf dem Blog in den letzten zwei Wochen. Im realen Leben sah das leider etwas anders aus.

Nachdem das Fieber vom vorletzten Wochenende am darauf folgenden Montag Mittag wieder stieg, musste ich nochmal mit dem Maimädchen in die Tagesklinik fahren. Das wiederholten wir die Woche dann nochmal und nach Umstellung des Antibiotikums wurde es dann zum Wochenende hin besser. Diverse Blut- und Urinuntersuchungen zeigten keinen eindeutigen Hinweis auf einen bestimmten Keim. Immerhin schlug das neue Antibiotikum offensichtlich an, das Fieber sank erstmal.

Dann kam die nächste Chemo, bei der zwei Wirkstoffe appliziert wurden, und das Maimädchen war echt schlecht drauf. Die ganze Woche war geprägt von viel Weinen, nicht allein sein wollen, schlechtem Schlaf und Alpträumen.

Sobald wir Besuch haben und sich jemand intensiv mit ihr beschäftigt oder ich voll bei ihr bin, klappt alles super. Nur wenn wir allein sind, kann ich ihr nicht immer meine ganze Aufmerksamkeit schenken, da ist halt noch das Vollmondbaby, das versorgt werden muss, vom Haushalt ganz zu schweigen… Wenn unsere Große aus der Schule kommt geht es auch besser, doch sowie dann die Hausaufgaben anliegen und ihre große Schwester sich für dafür zurückzieht ist wieder alles doof.

Die Woche war unglaublich anstrengend. Wir haben nun zwar eine Haushaltshilfe für zwei Stunden in der Woche, aber das reicht nicht wirklich.
Nachdem ich am Donnerstag das Gefühl hatte, dass mir das hier alles über den Kopf wächst, habe ich Kontakt zu meiner Ärztin aufgenommen und wir haben gemeinsam überlegt, wie man weitere Hilfe organisieren kann. Dank unglaublich lieber Kontakte sehe ich wieder etwas Licht und bin ganz zuversichtlich, dass es hier irgendwie weiter geht.

Zu allem Überfluss ging dann das Fieber in der Nacht zu Freitag wieder hoch. Da wir Freitag sowieso zur Chemo in der Tagesklinik waren, konnten gleich wieder Kulturen von Blut und Urin angefertigt werden. Man warnte uns schon vor, dass man das Maimädchen nun stationär aufnehmen müsse, wenn das Fieber nicht wieder sinkt. Ein Wechsel des Antibiotikums sei noch möglich, das nächste Antibiotikum, das dann gegeben werden kann, muss allerdings i.v. gegeben werden.
Und so fanden wir uns dann am Samstag Nachmittag auf der Station wieder und das Maimädchen und ihr Papa durften ein Zimmer beziehen.

Bis jetzt gibt es noch keine Ergebnisse der Keimuntersuchungen, das Fieber geht trotz neuem Antibiotikum nicht weg.
Heute wurden die Nieren geschallt. Unauffällig. Gut.
Vielleicht ist es doch ein Virusinfekt? Eine Reaktion des Körpers auf die Chemo?
Immerhin ist das Maimädchen gut drauf. Papa ist bei ihr und sie genießt es.
Ich versuche derweil, neben Krankenhausbesuchen und den beiden anderen Kindern, zu Hause aufzuarbeiten, was in den letzten Wochen liegen geblieben ist. Und ein wenig Luft zu holen.
In drei Wochen sind Ferien. Ich hoffe, dann ein wenig zur Ruhe zu kommen.

Kurz bevor wir Samstag ins Krankenhaus gefahren sind, haben wir im Briefkasten den Abschlussbericht aus Tübingen entdeckt. Es liest sich alles sehr positiv, wir warten die Reaktion der Ärzte in Kiel ab und harren der Dinge, die da kommen.

Wochenende in Bildern 17./18. Juni – Anders, als geplant…

Der Samstag startete hervorragend. Um zehn vor neun stand die große Tochter vor unserem Bett und fragte vorsichtig an, ob wir nicht mal aufstehen wollen… Nach vielen Unterbrechungen in der Nacht haben wir es tatsächlich geschafft, nochmal so richtig einzuschlafen.

Trotz der fortgeschrittenen Zeit gab es noch einen ruhigen Kaffee, bevor wir in den Tag starteten.

Wir sollten heute Nachmittag Besuch von „alten“ Freunden aus der Heimat bekommen, daher hatten wir die übliche Wochenendplanung schon einen Tag zuvor erledigt. Trotzdem bin ich nochmal kurz los, um frisches Obst und ein paar andere Kleinigkeiten für’s Wochenende zu kaufen.

Während unser Papa noch schnell den Rasen mähte, machte ich mit den Kindern ein schnelles Mittagessen. Sie entschieden sich für ihr momentanes Lieblingsgericht: „Selbst gemachten“ Stracciatella-Joghurt.

Ab hier lief unser Tag dann etwas anders ab, als wir uns das vorgestellt hatten.

Nach dem Mittagessen war das Maimädchen etwas schlecht drauf. Ihre Temperatur bewegte sich schon den ganzen Morgen im unteren 38°-Bereich. Nun zeigte das Fieberthermometer 38,6°. Das bedeutet für uns, dass wir in der Klinik anrufen müssen und natürlich mussten wir auch vorbei schauen, um Komplikationen auszuschließen. Freitag hat das Maimädchen die erste Chemo nach fünf Wochen Pause bekommen und der Körper scheint sich erneut zur Wehr zu setzen.

So machten wir uns dann auf, um in die Kieler Uniklinik zu fahren. Keine gute Idee zur Kieler Woche… Für die Strecke, die wir sonst in ca. 25 Minuten schaffen, haben wir geschlagene anderthalb Stunden gebraucht!

Als wir dann endlich in der Klinik ankamen, war die Temperatur dann auf 39,1° angestiegen, was sicher auch an der langen Fahrt im warmen Auto lag. Es wurde Blut abgenommen, abgehört, abgetastet und was sonst noch alles dazu gehört und dann durften wir ins Spielzimmer gehen, um auf die Blutergebnisse zu warten.

Nebenbei konnten wir einen Blick auf die Schiffe in der Kieler Förde erhaschen. Von dem ganzen Trubel da draußen bekamen wir nichts mit. Die Klinik war ziemlich leer und die Belegschaft vom Wochenenddienst genoss die Ruhe, bevor es wohl erfahrungsgemäß zum Abend hin voll wird.

Bis wir dann die Ergebnisse hatten, war es spät. Aber es war alles in Ordnung. Entweder ist es ein leichter viraler Infekt oder tatsächlich die Reaktion auf die Chemo. Jedenfalls durften wir wieder nach Hause.

Allerdings war es nun zu spät für uns, um unseren Besuch noch zu empfangen. Die Enttäuschung war groß, aber ich hoffte auf ein kurzes Treffen am Sonntag.

Das Abendessen verlagerten wir dann noch schnell nach draußen. Eigentlich wollten wir Pizza machen, doch dafür war nun keine Zeit mehr, sodass wir einfach ein bisschen improvisierten und trotzdem alles satt wurden.

Dem Maimädchen ging es dank Fiebersaft wieder ganz gut.

Am Sonntag gab es dann wie immer unser „Eier-und-Brötchen-Frühstück“.

Dies sind nur die Reste, ein Vorher-Foto konnte aus Schlechter-Laune-wegen-Hunger-Gründen nicht gemacht werden.

Nach einer kurzen Aufräum-Aktion (es ist doch immer wieder erstaunlich, wie aufgeräumt es aussieht, wenn man alles was rumliegt in Kartons packt und ins Schlafzimmer stellt ;)), kam unser Besuch doch noch für eine kurze Stippvisite vor der Heimfahrt vorbei.

(Wobei ich hier kurz erwähnen muss, dass unsere Heimat nicht HX, sondern LIP ist! Das Kennzeichen ist aus firmenwagentechnischen Gründen nicht ganz passend. Leute aus der Region wissen, warum mir diese Richtigstellung am Herzen liegt ;))

Und immer wieder ist es so schön zu erleben, wie man sich versteht, als würden da nicht so viele Jahre dazwischenliegen, die man sich nicht gesehen hat. Die Kinder düsten einfach ab in den Garten und wir quatschten und quatschten. Viel zu schnell verflog die Zeit.

Nach der Abfahrt schnappten wir uns Räder, Kinderwagen und Hund.

Wir beobachteten Pferde und Kühe

und rochen den Holunder, der jetzt hier in voller Blüte steht.

Den Nachmittag verbrachte die Große lesend,

das Maimädchen half Papa im Garten.

Ihr ging es nach einer weiteren Portion Fiebersaft am Mittag wieder gut.

Da wir es gestern nicht geschafft haben, gab es heute Pizza, der Teig durfte auf der Terrasse ruhen.

Das Vollmondbaby gönnte sich eine Mütze Schlaf, während ich mich durch diverse Maschinen Wäsche kämpfte.

Und um halb sechs gab es dann draußen Pizza bei 29° .

So hatten wir trotz eines kleinen Zwischenfalls ein doch recht schönes Wochenende.

Mehr Wochenenden in Bildern gibt es wieder hier.

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Es geht weiter!

Auch wenn wir noch keine abschließende Beurteilung haben, können wir mit dem Ergebnis, das wir gestern telefonisch bekommen haben, erst mal weiter machen:
Das Tumorgewebe gehört nicht zur ganz fiesen Art! Mir fällt ein Stein vom Herzen! Es handelt sich um Gewebe intermediärer Malignität (grob gesagt: mittlerer Bösartigkeit). Das ist ein Ergebnis, das uns hoffen lässt. Das ist der am häufigsten auftretende Typ und gut behandelbar ist er grundsätzlich auch. Die Prognosen sind gut.
Die Einteilung in ein Stadium ist noch nicht abschließend geschehen, weil sich die Pathologen aus Kiel und Tübingen in einer Sache noch nicht ganz einig sind. Es ist noch nicht klar, ob bei der OP der Rand des Tumors vollständig entfernt wurde und somit ist noch nicht klar, ob wirklich eine Bestrahlung erfolgen wird. Im Moment erfolgt die Einteilung in Stadium III, wenn man von diesen sogenannten „tumorinfiltrierten Resektionsrändern“ ausgeht. Mal schauen, wann wir da genaueres erfahren.

Immerhin konnten wir so heute mit der postoperativen Chemotherapie starten. Zusätzlich zum Stadium muss man die beidseitige Nephroblastomatose berücksichtigen, die die Therapiedauer stark verlängert.
In den nächsten acht Wochen findet nun wieder wöchentlich eine Chemotherapie statt und nach zwei Wochen Pause ändert sich der Rhythmus dann auf Chemo, Chemo, frei. Diese Therapie wird das nächste halbe Jahr in Anspruch nehmen. Danach erfolgt wahrscheinlich ein Jahr Chemotherapie im vier-Wochen-Abstand.

Wir sind also noch eine Weile mit Herrn Wilms beschäftigt.

Drei Monate

Drei Monate – So lange leben wir jetzt schon mit Herrn Wilms zusammen.

Drei Monate – In denen unser Leben komplett umgekrempelt wurde.

Drei Monate – Ein viertel Jahr, das an uns vorbei gerauscht ist, während wir uns von Termin zu Termin in der Tagesklinik gehangelt haben.

Drei Monate – OP, Bluttransfusion, Chemotherapien, Fingerpiekse, MRTs, CTs, Sonographien. Und jetzt die große OP, in der die Tumore hoffentlich entfernt werden konnten.

Drei Monate – In denen diese kleine Kinderseele so viel mitmachen musste.

Drei Monate – In denen wir so viel Hilfsbereitschaft erfahren haben.

Drei Monate – Voll von Angst, Ungewissheit, Warten, Hoffen.

Ich wachse täglich über mich hinaus. Ich breche täglich unter der Last zusammen.

Geduld

Das Wort Geduld (auch altertümlich: Langmut) bezeichnet die Fähigkeit zu warten. Oft gilt Geduld als eine Tugend; ihr Gegenteil ist die Ungeduld.

Als geduldig erweist sich, wer bereit ist, mit ungestillten Sehnsüchten und unerfüllten Wünschen zu leben oder diese zeitweilig bewusst zurückzustellen. Diese Fähigkeit ist eng mit der Fähigkeit zur Hoffnung verbunden. Geduldig ist auch, wer Schwierigkeiten und Leiden mit Gelassenheit und Standhaftigkeit erträgt.

Quelle: Wikipedia

Die histologischen Ergebnisse sind noch nicht da.

Macht es einen Unterschied? Für dieses Wochenende nicht. Für die weitere Therapie ja. Aber die wird sowieso irgendwann beginnen. Heute scheint die Sonne. Die Kleinen spielen friedlich.

Am Anfang des Jahres, noch bevor dieser ganze Schrecken begann, hatte ich das Gefühl, dass dieses Jahr etwas passieren würde. Irgendwie sagte mein Bauch mir: Du wirst dich verändern, dein Leben wird sich verändern.

Da sollte mein Bauch wohl recht behalten. Ich nehme die Veränderung an und werde mich in Geduld üben. Dies ist nicht das erste und nicht das letzte Mal. Wahrscheinlich geht es mit Geduld einfacher.

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