Eine Familie mit 3 Kindern - ein Kinderspiel.

Rückblick

Heute vor einem Jahr war die große OP.
Soviel über die OP direkt habe ich letztes Jahr gar nicht geschrieben, daher möchte ich das heute nachholen. Der Tag ist einfach präsent in meinem Kopf. Heute mehr als an anderen Tagen:

Was für ein Tag! Nach einer Nachtfahrt quer durch Deutschland kamen wir am Tag vorher in Tübingen an. Völlig übernächtigt, die Nerven lagen blank.


Dann kam das Vorgespräch für die OP. Bei der Diagnosestellung sprach man immer davon, dass sich nur in der rechten Niere ein Tumor befand und in beiden Nieren Tumorvorstufen vorhanden seien. Der Tumor sollte entfernt werden, aber die Tumorvorstufen würde man nicht anrühren. Die könnten nicht operiert werden. So wurde uns das erklärt.
Im OP-Vorgespräch hieß es nun auf einmal, dass man von mehreren beidseitigen Tumorherden ausgeht und das alles, was nach Tumor oder Tumorvorstufe aussieht herausgeschnitten wird. Das war für uns in dem Moment ein ziemlich großer Schock. Im Nachhinein betrachtet, war das natürlich das Beste, was dem Maimädchen passieren konnte. Was weg ist, ist weg und kann nicht mehr wachsen.
Wir wurden über die Risiken der OP aufgeklärt und uns wurde beschrieben, was es bedeutet, wenn man nicht nur die Niere, sondern auch das Nierenbecken mit operieren muss. Es ist problematischer, wenn auch die Nierenbecken eröffnet werden müssen, denn die Struktur heilt nicht so gut wie das übrige Nierengewebe. Das hat unter Anderem zur Folge, dass sich die Heilung verzögern kann. Davon sei anhand der Bilder zwar nicht auszugehen, aber die Aufklärung müsse halt so stattfinden.
Ziemlich fertig zog ich mit der Großen und dem Vollmondjungen ins Hotel (im Ronald McDonald Haus war in der ersten Nacht noch kein Platz frei) und ließ unser Maimädchen schweren Herzens mit dem Papa im Krankenhaus zurück.

Am OP-Tag hatten wir dann glücklicherweise mit dem Umzug in unser dauerhaftes Quartier zu tun. Dieses Warten war so furchtbar.
Im Krankenhaus werden einem oft Zeiten genannt, die leider häufig nicht so eingehalten werden (können), beziehungsweise, die für die Patienten und Angehörigen erst im Nachhinein nachvollziehbar sind.
Wenn es heißt, wir operieren ca. vier bis fünf Stunden bedeutet das tatsächlich, dass der Patient in der Zeit operiert wird. Nicht mitgerechnet wird die Zeit für die Narkose, die OP-Vorbereitungen, -Nachbereitungen, das Aufwachen etc. So wird aus einer vier bis fünf stündigen OP für die Angehörigen schnell eine Wartezeit von sechs bis sieben Stunden.
Jedenfalls schlich der Tag so dahin und je später es wurde, desto unruhiger wurden wir. Irgendwann am Nachmittag bekamen wir dann Bescheid, dass alles überstanden ist.
Kurz nach der OP traf ich den Chef-Chirurgen im Fahrstuhl. Das Maimädchen war noch im OP (soviel zu den OP-Zeiten…). Wir hatten uns vorher noch nicht kennen gelernt, das Aufklärungsgespräch wurde von einem anderen Arzt durchgeführt. Ich sagte ihm, dass er gerade meine Tochter operiert habe und er schaute mich an, sprach mich sofort mit Namen an und strahlte eine so große Sicherheit und Zuversicht aus. Es hätte einige Hürden gegeben, deshalb hat es auch länger gedauert als geplant, aber im Endeffekt sei alles sehr gut gelaufen. Er hätte leider jetzt nicht mehr Zeit, um auf Einzelheiten einzugehen, denn er hätte noch eine weitere OP. Er würde aber danach nochmal vorbei kommen und uns alles erklären.
Später erfuhren wir dann, dass tatsächlich bei beiden Nieren auch am Nierenbecken operiert werden musste. Zusätzlich hat man erst in der OP festgestellt, dass der Tumor in einer Niere einen Tumorzapfen in die Nierenvene gebildet hat. Normalerweise ist dies ein Grund, die Niere zu entfernen. Aufgrund des beidseitigen Auftretens wollte das Operationsteam das aber umgehen und telefonierte noch während der OP mit dem Referenzzentrum in Heidelberg, um abzustimmen, ob hier ein anderes Vorgehen möglich sei. Das Maimädchen durfte ihre Niere behalten. Beim Verschluss der Nierenvene gab es dann wohl weitere Probleme, sodass ein Patch (im Prinzip so etwas wie ein „Flicken“) zum Verschluss eingesetzt werden musste. Die OP war also bedeutend umfangreicher als geplant, daher auch die lange OP-Zeit.

Eine sehr lange Narbe über den Bauch der kleinen Heldin erinnert uns nun täglich an das, was diese Menschen im OP dort in Tübingen wundervolles vollbracht haben. Sie haben das Leben unserer Tochter gerettet. Und wir werden ihnen auf ewig dafür dankbar sein.

 

Die Eltern des Babys, das nach unserem Maimädchen operiert wurde, lernte ich einen Tag später kennen. Wir haben viel miteinander geredet in der Zeit im Ronald McDonald Haus. Leider haben wir uns danach aus den Augen verloren. Kurz vor Weihnachten erfuhr ich, dass die Familie immer noch zwischen ihrem zu Hause und der Klinik hin und her pendelt, weil es so viele Komplikationen bei der kleinen Maus gegeben hat. Danach hat sich die Mama nicht mehr gemeldet. Ich hoffe so sehr, dass auch diese Familie irgendwann in die Normalität zurückkehren kann.

Vor einigen Wochen meldete sich die Uniklinik Tübingen bei uns mit einer besonderen Bitte: Sie fragten, ob sie Fotos von dem Maimädchen haben dürften. Professor Fuchs würde demnächst einen Vortrag halten und gerne von unserem Fall erzählen. Wie könnten wir eine solche Bitte ablehnen!?

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Tschüss Herr Willms! Auf nimmer Wiedersehen bitte!

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Full-House auf Achse…

  1. Mirja

    Es ist unglaublich was ihr alle durchlebt habt! Während ich das lese rollen mir die Tränen. Es ist wie ein Traum, dass alles vorbei ist! Ich freue mich so sehr für euch! Möge der Rest eures Lebens so stinknormal sein, wie ihr es braucht!!

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